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来源类型 | Country Reports |
规范类型 | 报告 |
Zehn Jahre Afghanistan | |
其他题名 | Einsatz mit widersprüchlichen Ergebnissen? |
Babak Khalatbari | |
发表日期 | 2011-10-18 |
出版年 | 2011 |
概述 | Der Einsatz in Afghanistan wird zehn Jahrealt. Doch zum Feiern ist niemandemwirklich zu Mute. Die Bilanz ist durchwachsen:Es wurde zwar viel erreicht,aber nicht alles ist so, wie es sein sollte. |
摘要 | Daher gehen die Meinungen hinsichtlich der Bewertung des Afghanistan-Einsatzes weit auseinander – nicht nur im Westen, sondern auch am Hindukusch selbst. Es scheint divergierende Meinungsbilder in den verschiedenen Landesteilen zu geben. Das dokumentieren die Ergebnisse einer aktuellen Meinungsumfrage, die zahlreiche Trends der afghanischen Gesellschaft widerspiegelt. Die Studie ist seit 2008 die vierte ihrer Art und gibt aktuellen Aufschluss über Fragen zu Politik- und Sicherheitsthemen sowie zum Umgang mit den Taliban. Dieser Länderbericht stellt zunächst die Umfrageergebnisse vor, anschließend werden die generellen Rahmenbedingungen und politischen Prozesse analysiert. I. DIE ERGEBNISSE DER UMFRAGEIm Zeitraum vom 25. bis zum 30. September 2011 wurden von der Konrad-Adenauer- Stiftung und dem National Centre for Policy Research (NCPR) der Universität Kabul insgesamt 5.000 Personen in fünf Provinzen Afghanistans (jeweils 1.000 Befragte in den Provinzen Kabul, Herat, Nangarhar, Khost und Balkh) zu insgesamt 23 Fragen interviewt, die mit Ja oder Nein beantwortet werden konnten. Die Provinzen wurden ausgewählt, weil sie den Norden, Süden, Osten und Westen des Landes repräsentieren sowie über Universitätsstrukturen verfügen, die in die Umfrage mit eingebunden werden konnten. Die Meinungsumfrage hat somit keinen repräsentativen Charakter, eignet sich aber dennoch auf Grund des quantitativen Niveaus zu einer Dokumentierung gegenwärtig vorherrschender Meinungstrends in Afghanistan. DemokratieentwicklungBei der diesjährigen Umfrage gaben 51% der Befragten an, mit den demokratischen Entwicklungen in Afghanistan insgesamt zufrieden zu sein, 49% zeigten sich mit den Entwicklungen unzufrieden. Dies stellt im Vergleich zum Vorjahr eine Verschlechterung um sieben Prozentpunkte dar. Hierbei gibt es große Unterschiede in der Wahrnehmung. Im Norden (Balkh: 69%) und Westen (Herat: 65%) beurteilten die Interviewteilnehmer die Entwicklungen wesentlich positiver als im Osten des Landes. In der Provinz Nangarhar gaben beispielsweise lediglich 34% der Befragten an, mit der Demokratieentwicklung zufrieden zu sein. In der Provinz Khost waren es sogar nur 27%. Die Ergebnisse lassen darauf schließen, dass der afghanische Demokratie-Index einem Nord-Süd und West-Ost Gefälle unterliegt. RegierungsleistungZum Vorjahr verschlechtert hat sich laut den Umfrageergebnissen auch die Beurteilung der Arbeitsleistung der afghanischen Regierung. Das Gesamturteil fällt immer noch unbefriedigend aus, lediglich 31% der Befragten gaben an, mit der Regierungsleistung zufrieden zu sein. Dies stellt eine Verschlechterung um vier Prozentpunkte zum Jahr 2010 dar. Auffallend bei der diesjährigen Umfrage ist, dass in der Hauptstadt Kabul besonders viele Teilnehmer ihren Unmut über die Regierungsarbeit äußerten. Lediglich 17% befanden die Regierungsarbeit für gut. Dieser Umstand basiert wahrscheinlich auf der Krise um die Kabul Bank. Ferner kann vermutet werden, dass die Ergebnisse den chaotischen Zuständen (dominierende Immobilienmafia, ausufernde Verkehrssituation, korrupte Bürokratie) in Kabul geschuldet sind. In Herat zeigten sich 37%, in Balkh 35%, in Nangarhar 31% und in Khost 35% der Befragten mit der Arbeitsleistung der Regierung zufrieden. ParlamentsleistungEin ähnlicher Trend zeichnet sich auch bei der Beurteilung der Arbeitsleistung des 2010 neugewählten afghanischen Parlaments ab. Nur jeder vierte Interviewteilnehmer (23%) zeigte sich 2011 mit der Performance zufrieden. 2008 beantworteten 25% die Frage nach der Arbeitsleistung des Parlaments positiv, im Jahr 2009 waren es 32%. Im Jahr 2010 fiel der Wert auf 30%. Politische ParteienAuf die Frage, ob politische Parteien in Afghanistan eine Rolle spielen, antworteten bei der diesjährigen Befragung 45% der interviewten Personen mit Ja. Im Jahr 2010 waren es nur 37% der befragten Personen; 2009 rund 40%. Die Quadratur des Kreises im afghanischen Parteiensystem ist, dass politische Interessensgruppen größtenteils keine große Anziehungskraft entfalten können, weil viele ihrer Vertreter aus den ehemaligen Kriegsmilizen oder Mudjaheddin- Gruppen stammen. Ohne die Existenz programmbasierter politischer Parteien wird sich die Leistungsstärke des demokratischen Systems an sich aber nicht steigern lassen. Vertrauen in staatliche OrganeIm Hinblick auf den in Afghanistan voranschreitenden Transitionsprozeß wurde diese Frage in die diesjährige Umfrage mit aufgenommen. Das Ergebnis kommt einem alarmierenden Weckruf gleich, da nur rund 28% der Befragten angaben, Vertrauen in staatliche Organe, wie Ministerien und Behörden, zu haben. Die Umfrageergebnisse wiesen in allen Landesteilen (Kabul: 23%, Herat: 32%, Balkh: 32%, Nangarhar: 22%, Khost: 29%) eine hohe Kohärenz auf. Politisches SystemEin weiteres interessantes Ergebnis der diesjährigen Umfrage ist, dass trotz aller Schwierigkeiten bei der praktischen Umsetzung, fast jeder zweite Afghane (47%) angab, dass die Demokratie die für Afghanistan beste politische Herrschaftsform darstelle. 53% der Befragten gaben an, diese Ansicht nicht zu teilen. Die Ergebnisse können als Indikator betrachtet werden, in Afghanistan die politische Erwachsenenbildung zu intensivieren. Staatsbürgerkunde und Demokratieseminare sollten verstärkt in der sekundären und tertiären Bildung zum Einsatz kommen. Sollte dies nicht passieren, muss damit gerechnet werden, dass sich dieser Trend noch verstärkt und sehr bald eine große Mehrheit der Bevölkerung dem demokratischen System gegenüber eine ablehnende Haltung einnimmt. Nächste WahlenDie Wahlbeteiligung der letzten Parlamentswahlen 2009 in Afghanistan war nicht sonderlich zufriedenstellend. Insofern wurde der diesjährige Fragenkatalog hinsichtlich der allgemeinen Bereitschaft der Stimmabgabe ergänzt. Das Ergebnis kann als positive Überraschung gelten, da trotz der angespannten Rahmenbedingungen rund 66% der Befragten angaben, bei zukünftigen Wahlen von ihrem Stimmrecht Gebrauch machen zu wollen. 34% gaben an, auf ihr Wahlrecht verzichten zu wollen. SicherheitslageNach Angaben der Vereinten Nationen hat sich die Sicherheitslage in Afghanistan im Vergleich zum Vorjahr erheblich verschlechtert. Bis Ende August 2011 sind monatlich im Schnitt 2108 Vorfälle registriert worden, das ist ein Plus von 39 Prozent. Insofern ist es nicht überraschend, dass bei der Umfrage lediglich 22% der Befragten angaben, mit der Sicherheitslage in Afghanistan zufrieden zu sein. Es gab bei den Ergebnissen starke Abweichungen zwischen den verschiedenen Landesteilen. In Herat gaben beispielsweise rund 33% an, mit der Sicherheitslage zufrieden zu sein – in Nangarhar waren es nur rund 7%. Insofern spiegelt sich auch im Sicherheitssektor ein Nord-Süd und West-Ost Gefälle wider. Umgang mit den TalibanJeder zweite befragte Interviewteilnehmer (54%) gab an, dass ein militärischer Erfolg über die Taliban nicht machbar ist. Lediglich 46% gehen von einem möglichen militärischen Erfolg aus. Bei den Antworten gab es starke Abweichungen. Zum Beispiel waren die Interviewteilnehmer in Herat mit rund 61% hinsichtlich einer erfolgreichen militärischen Bekämpfung der Taliban wesentlich zuversichtlicher als die Befragten in Nangarhar (17%). 63% der Befragten gaben ferner an, dass mit der bewaffneten Opposition in Afghanistan Gespräche aufgenommen werden sollten. Das sind 11% weniger als im Vorjahr. Auch hier scheint es sehr starke Abweichungen zu geben: In den östlich gelegenen Provinzen Nangarhar und Khost wünschten sich dies sogar 91% bzw. 65%. In der Westprovinz Herat waren es nur 55%, in Kabul 47% und in Balkh 57%. Die Frage, ob man den Taliban eine politische Machtbeteiligung in Aussicht stellen sollte, löste in den Provinzen stark divergierende Antworten aus. Generell bejahten 51% und 49% verneinten. Im Vergleich zum Vorjahr sind das rund 10% weniger – die Bereitschaft, die Taliban politisch zu integrieren, scheint nach den letzten großen Anschlägen sowie der Ermordung des Vorsitzenden des Hohen Friedensrates, Burhanuddin Rabbani, am 20. September 2011 insgesamt zurückgegangen zu sein. Erneut gab es auffallende Unterschiede zwischen dem Osten des Landes und den restlichen Provinzen. In Khost und Nangarhar präferieren 57% bzw. 86% diese Lösung. In Kabul stimmten dem 37%, in Herat lediglich 35% und in Balkh 40% zu. Performance der ANSF 46% der Interviewteilnehmer zeigten sich mit der Arbeitsleistung der afghanischen Sicherheitskräfte (ANSF) zufrieden – 54% befanden die Performance für nicht ausreichend. Bis Ende 2014 muss sich diesbezüglich noch viel verbessern, da geplant ist, dann alle internationalen Kampftruppen abzuziehen, und die Übergabe der Sicherheitsverantwortung an die afghanischen nationalen Sicherheitskräfte weitestgehend abgeschlossen sein soll. ISAF - Sicherheitsgarant?Die befragten Personen scheinen, anders als im Vorjahr, die ISAF nicht mehr verstärkt als Sicherheitsgaranten für Afghanistan wahrzunehmen. 2010 gaben 45% an, die ISAF sei ein Garant für Sicherheit und Frieden. Bei der diesjährigen Meinungsumfrage waren es demgegenüber nur noch 39% der befragten Afghanen. Dies stellt eine negative Veränderung von sechs Prozentpunkten zum Vorjahr dar. In der Provinz Nangarhar, die im Osten des Landes liegt, machten sogar nur 21% der Befragten die ISAF als Sicherheitsgaranten aus – in Kabul waren es demgegenüber rund 45%. ..oder Besatzer?Besorgniserregend ist das Ergebnis hinsichtlich der Frage, ob die NATO/ISAF Truppen als militärische Besatzer empfunden werden. Im Landesdurchschnitt bejahten dies insgesamt 56% der Befragten. Lediglich 44% verneinten dies. Usama bin Ladin und al-QaidaIm Rahmen der KAS-Umfrage stellte sich des Weiteren heraus, dass nur 57% der befragten Personen in Afghanistan davon ausgehen, dass Osama bin Ladin tatsächlich tot ist. Ferner gaben rund 70 der Befragten an, dass sie der Meinung seien, dass von der Terrororganisation al-Qaida noch eine Gefahr ausgehe. Möglicher Bürgerkrieg nach 2014?Die Antwort auf die Frage, ob es nach dem Abzug der ISAF möglicherweise einen Bürgerkrieg geben könnte, beantworteten rund 60% der Befragten mit Ja. Demgegenüber sehen 40% diese Gefahr nicht als relevant an. Das Umfrageergebnis zeigt, dass in Afghanistan anscheinend immer stärker Angst statt Hoffnung die Devise zu sein scheint. Hauptursachen für die zunehmende Besorgnis sind Trends wie die ethnische Polarisierung, die zunehmende Konfliktintensität sowie der historische Reflex, der nicht wenige vermuten lässt, dass sich nach 2014 ähnliche Szenarien abspielen könnten wie 1989 als die Sowjet-Armee aus Afghanistan abgezogen wurde. Bilaterale BeziehungenDas nachbarschaftliche Verhältnis zu Pakistan nimmt in der afghanischen Geschichte eine ambivalente Rolle ein. Seit Anfang 2008 verbessern sich zwar die bilateralen Beziehungen der Nachbarstaaten, doch scheint das Verhältnis durch die letzten Vorkommnisse beschädigt worden zu sein. Anders als noch 2010 (79%), halten es dieses Jahr 58% der Befragten für wichtig, die bilateralen Beziehungen zu Pakistan zu intensivieren. Demgegenüber gaben 76% an, dass die bilateralen Beziehungen zu dessen „Erzrivalen“ Indien intensiviert werden müssten. 70% der Befragten gaben ferner an, dass es wichtig sei, die bilateralen Beziehungen zum Iran zu intensivieren. Weitere 64% wünschten sich eine Intensivierung der bilateralen Beziehungen mit den USA. Engagement der internationalen Gemeinschaft 2.345 der 5.000 befragten Personen bewerten das Engagement der internationalen Gemeinschaft in Afghanistan positiv; das sind rund 47%. Demgegenüber zeigten sich bei der Umfrage 53% nicht zufrieden. Der Trendwert entspricht ungefähr dem des Vorjahres, bzw. hat sich um zwei Prozentpunkte verbessert. Auch bei dieser Frage gab es regionale Unterschiede. In der Provinz Kabul beurteilten 46% der befragten Teilnehmer das Engagement positiv, in Herat 49%, in Balkh 61%, in Nangarhar 40% und in Khost 39%. II. RAHMENBEDINGUNGENAuf der nationalen Entwicklungsebene Afghanistans ist erkennbar, dass der Regierungsapparat des Präsidenten im Jahr 2011 einen wesentlich kleineren Aktionsradius erhalten hat. Speziell die im zweiten Halbjahr stattgefundenen Anschläge und die damit verbundene personelle wie reputative Schwächung des Karzai-Regimes stellen einschneidende Entwicklungen dar: Durch die Ermordung seines Halbruders Ahmad Wali am 12. Juli in Kandahar verlor der afghanische Präsident einen wichtigen und einflussreichen Verbündeten. Fünf Tage später wurde der Präsidentenberater und Ex-Gouverneur von Urusgan, Jan Mohammed Khan, getötet – insgesamt ein Doppelschlag für Karzais Einfluss im Süden des Landes. Am 19. August stürmten Selbstmordattentäter das British Council in Kabul und töteten während eines sechsstündigen Feuergefechts 12 Menschen. Der Angriff ähnelte dem Anschlag vom 29. Juni, als Aufständische das Intercontinental Hotel im Herzen Kabuls angriffen. Am 13. September verwickelten Terroristen mit Panzerfäusten und Sturmgewehren Sicherheitskräfte in der Nähe der amerikanischen Botschaft und dem ISAF-Hauptquartier in Kabul in ein 20stündiges Feuergefecht und töteten zahlreiche Personen. Die Angriffe stellen strategische Nadelstiche mit großer medialer Wirksamkeit dar. Am 20. September fiel zudem Burhanuddin Rabbani, der Vorsitzende des Hohen Friedensrates, einem weiteren gezielten Selbstmordanschlag in Kabul zum Opfer. Der Beauftragte für das Reintegrationsprogramm, Mohammad Mahsoom Stanekzai, wurde bei dem Anschlag ebenfalls schwer verletzt. Damit dürften mögliche Friedensgespräche für die nächste Zeit insgesamt wenige Chancen auf Erfolg haben. Die angespannte Situation wirft mittlerweile auch Schatten auf die politischen Beziehungen zwischen Kabul und Islamabad. Das bilaterale Verhältnis leidet unter den jüngsten Vorkommnissen, da viele Afghanen den pakistanischen Geheimdienst ISI hinter zahlreichen Anschlägen vermuten oder zumindest von einer verborgenen Unterstützung der Quetta-Schura und des Haqqani- Netzwerkes ausgehen. Diese These spiegelt sich unmittelbar auch in den Umfrageergebnisse wider. Die afghanische Rhetorik geg enüber dem südasiatischen Atomstaat hat sich elementar verändert. Verklärte Karzai noch bis vor zwei Wochen die afghanischen Taliban als “fehlgeleitete Brüder“, tituliert er sie neuerdings als „Prokuristen Pakistans“ und erklärt die Verhandlungsansätze als vorerst gescheitert. Auch in Afghanistans Innenpolitik sind neue Trends erkennbar. Zwar verfügt Karzai mit seinen zwei Vize-Präsidenten Mohammad Fahim und Karim Khalili über tragfähige Netzwerke zu den dominierenden Entscheidungsträgern der ehemaligen Nordallianz sowie der Minderheit der Hazara, doch dürfen nicht die übrigen Akteure der afghanischen Politikarena vergessen werden. Die Hizb-e-Islami scheint beispielsweise im Parlament und im inneren Machtzirkel des Präsidenten weiter an Einfluss zu gewinnen und somit im Aufwärtstrend zu sein. Ex- Außenminister Abdullah Abdullah, der noch bei der Präsidentschaftswahl 2009 Karzais ärgster Konkurrent war, ringt hingegen mit seiner Koalition für Hoffnung und Wandel gegen eine sich immer stärker abzeichnende politische Bedeutungslosigkeit. Einerseits verlief die Oppositionspolitik Abdullahs nicht erfolgreich und vermochte es daher nicht, die Regierung unter Druck zu setzen. Andererseits reduzierte eine öffentlich gewordene Debatte um seine Ehe, die im Volk vorhandenen Sympathien erheblich. Nur noch wenige messen ihm eine politische Zukunft bei. Der frühere mächtige Drahtzieher des afghanischen Geheimdienstes (Riyast-e- Amniyat-e-Melli), Amrullah Saleh, versucht derzeit mit Kritik gegen die Regierung und medienwirksamer Pakistanschelte in der Öffentlichkeit zu punkten. Ob er mit seiner Kritik-Strategie ohne Hinzufügung eigener politischer Inhalte langfristig erfolgreich sein wird, kann bezweifelt werden. Ein neuer Akteur wird in den nächsten Wochen die politische Arena betreten. Die Parteienallianz Recht und Gerechtigkeit (haq wa adelaat) basiert auf einer Initiative afghanischer Intellektueller und demokratisch gesinnten Kräften, die sich gegenwärtig in einem politischen Schulterschluss üben. Die Erfolgsformel des politischen Unterfangens zielt nicht nur auf mehr Demokratie, Recht und Gerechtigkeit ab, wie der Name suggeriert, sondern auch auf eine effiziente Korruptionsbekämpfung. Neu ist auch, dass für eine erfolgreiche Aufnahme mehrere Kriterien, wie beispielsweise ausreichendes Demokratiebekenntnis, Eintritt für die nationale Einheit und Nichtinvolvierung in Bürgerkriegsaktivitäten erfüllt werden müssen. Dies wird ehemaligen „Kriegsfürsten“ den Weg in die neue Parteienallianz versperren. Als mögliche Galionsfigur dieses angestrebten Bündnisses ist Hanif Atmar, der ehemalige und Innenminister, im Gespräch. Als ein einflussreicher Architekt dieses politischen Bündnisses gilt der derzeitige Nationale Sicherheitsberater, Rangin Dadfar Spanta, der schon in seiner Funktion als Außenminister vor mehr als zwei Jahren eine treibende Kraft gewesen sein soll. Ob die Allianz langfristig Erfolgsaussichten haben wird, hängt neben der politischen Machbarkeit auch von den Finanzen ab, da Afghanistan bis dato über keinerlei Parteienfinanzierungsgesetz verfügt – ein enormer Schwachpunkt, auf den schon in vorherigen Berichten detailliert hingewiesen wurde. III. ANALYSEInsgesamt scheinen die Ergebnisse nach 10 Jahren Afghanistan-Einsatz hinter den Erwartungen zurückgeblieben zu sein. Die gegenwärtige Situation beruht im Wesentlichen auf den Entwicklungen der folgenden Politikfelder: 1. Fehlender kohärenter Gesamtplan?Die Qualität und Quantität der seit 2001 für Afghanistan zugesagten Hilfsmittel können als beachtlich beurteilt werden. Als große Schwachstelle des Interventionskonzeptes wird häufig die bislang nicht ausreichende Koordinierung genannt. Egon Ramms, der das für Afghanistan zuständige Nato- Hauptquartier in Brunssum geführt hat, stellt in einem Interview mit der Zeitung Die Welt am 07. Oktober fest, dass es „…unerträglich ist, dass es im Prinzip keinen politischen Gesamtprozess für Afghanistan gibt, der all diese Werkzeuge, die man in Afghanistan einsetzen kann und einsetzen muss, entsprechend koordiniert.“ Es wäre zu hoffen, dass in Zukunft zu einer stärkeren Koordinierung der Aktivitäten kommt. 2. Konsequenz eines vernachlässigten politischen Wiederaufbaus?Ein erfolgreicher demokratischer afghanischer Staat wird von drei Säulen getragen: Dem zivilen Wiederaufbau, der Etablierung der nationalen Sicherheitskräfte (ANSF) und der politischen Eigenverantwortlichkeit. Diese drei Säulen sind bislang hinsichtlich der bereitgestellten Finanzmittel und der damit verbundenen Gesamtentwicklung sehr unterschiedlich ausgeprägt. Der zivile Wiederaufbau hat beispielsweise mittlerweile wesentlich mehr erreicht als dessen Kritiker ihm zugestehen wollen. Sicherlich könnte auch einiges beim Aufbau der nationalen Sicherheitskräfte noch besser funktionieren. Doch verglichen mit der politischen Säule, ist bei den beiden anderen Säulen eine positive Entwicklung zu verzeichnen. Die politische Säule gleicht demgegenüber einer Fassadendemokratie und Afghanistan ist auf dem besten Wege, eine Hybrid-Demokratie zu werden. Zwar verfügt das Land über das Mindestmaß demokratischer Institutionen und Regeln, doch hapert es bei der praktischen Umsetzung. Eine neue Wählerregistrierung ist notwendig, um zukünftigen Wahlbetrug zu reduzieren. Ferner muss die Etablierung von politischen Parteien verstärkt angegangen werden. Eine Demokratie ohne Parteien ist wie ein Stausee ohne Wasser. Des Weiteren sollte über eine Änderung des Wahlsystems nachgedacht werden, denn die einfache, nichtübertragbare Stimme hat sich bei den Parlamentswahlen nicht bewähren können. Bis zu den nächsten Präsidentschaftswahlen im April 2014 sollte die politische Säule Afghanistan schnellstmöglich gestärkt werden. 3. Halbherzige Einbeziehung der regionalen Akteure?Eine Strategie für Afghanistan wird langfristig nur von Erfolg beschieden werden, wenn Nachbarländer und wichtige regionale Akteure stärker einbezogen werden. Die internationale Kontaktgruppe für Afghanistan und Pakistan (ICG) ist für dieses Bestreben sicherlich als Plattform dienlich. Seit dem ersten Treffen am 1. April 2009 in München hat Deutschland den Vorsitz inne. Die intensivere Miteinbeziehung von Ländern ohne NATO-Mitgliedsschaft wie China, Russland, aber auch zahlreichen islamischen Staaten, erscheint notwendig, um dem globalen Charakter des Afghanistan-Engagements Gestalt geben zu können. Das zehnte Treffen der ICG im März 2011, zu dem der Generalsekretär der Organisation der islamischen Staaten (OIC), Ekmeleddin Ihsanoglu, ins saudi-arabische Jiddah einlud, kann hinsichtlich der Einbindung der muslimischen Welt als bedeutsamer Schritt angesehen werden. IV. AUSBLICKUm das Ruder am Hindukusch noch erfolgreich rumreißen zu können, wird einiges getan. Deutschland hat beispielsweise seine jährlichen Mittel für den zivilen Aufbau in Afghanistan von 220 Mio. Euro (2009) auf bis zu 430 Mio. Euro bis 2013 erhöht. Am 5. Dezember 2011 wird Deutschland zudem in Bonn auf Bitten von Präsident Hamid Karzai - zehn Jahre nach dem ersten Zusammenkommen auf dem Petersberg - eine weitere Internationale Afghanistan-Konferenz ausrichten. Ziel ist, das langfristige internationale Engagement nach 2014 festzuschreiben. Die Erfolgsformel dieses Prozesses soll „from transition to transformation“ lauten und setzt nach dem Prinzip „quid pro quo“, als Gegenleistung für die weitere internationale Unterstützung weitere Reformen von afghanischer Seite voraus. Eine stärkere Einbindung der Zivilgesellschaft ist bei diesem Prozess wünschenswert. Aus diesem Grund wird im Dezember auch ein zivilgesellschaftliches Forum einberufen. Somit stellt die internationale Afghanistan- Konferenz und das zivilgesellschaftliche Forum in Bonn großartige Chancen für die weitere globale Weichenstellung hinsichtlich einer verantwortlichen Afghanistan-Politik dar. So wird hoffentlich gemeinsam das Platzen vieler Träume am Hindukusch verhindert werden können, und der Afghanistan- Einsatz nicht vorzeitig oder mit widersprüchlichen Ergebnissen enden. Die kompletten Umfrageergebnisse finden Sie oben als PDF-Download. |
主题 | Europäische und Internationale Politik |
URL | https://www.kas.de/en/country-reports/detail/-/content/zehn-jahre-afghanistan |
来源智库 | Konrad Adenauer Foundation (Germany) |
资源类型 | 智库出版物 |
条目标识符 | http://119.78.100.153/handle/2XGU8XDN/450362 |
推荐引用方式 GB/T 7714 | Babak Khalatbari. Zehn Jahre Afghanistan. 2011. |
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