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来源类型 | Country Reports |
规范类型 | 报告 |
Nicolas Sarkozy und die Richter | |
其他题名 | Ehemaliger Präsident in Polizeigewahrsam |
Norbert Wagner | |
发表日期 | 2014-07-07 |
出版年 | 2014 |
概述 | Ein Paukenschlag: Nicolas Sarkozy, ehemaliger Präsident derRepublik, in Polizeigewahrsam und nach mehr als 14-stündiger Befragung nach Mitternacht zwei Ermittlungsrichternvorgeführt, die gegen ihn ein Strafverfahren eröffnen wegenKorruption, illegaler Einflußnahme und Verletzung desErmittlungsgeheimnisses. |
摘要 | Es ist nicht das erste Strafverfahren, das gegen einen ehemaligen französischen Präsidenten eröffnet wird: Bereits gegen Jacques Chirac gab es nach dessen Ausscheiden aus dem Präsidentenamt in den Jahren 2007 und 2009 zwei Strafverfahren (wegen „ emploisfictifs“, fiktiver Beschäftigungsverhältnisse von Mitarbeitern der Partei im Rathaus von Paris). Chirac wurde zu zwei Jahren Gefängnis auf Bewährung verurteil. Und gegen Sarkozy war schon einmal (im April 2013, Affäre Bettencourt, s.u.) ein Strafverfahren eröffnet worden, das allerdings im Herbst 2013 wieder eingestellt wurde (non-lieu). Eine Premiere für einen ehemaligen Präsidenten der Republik war indes der Polizeigewahrsam gegen Nicolas Sarkozy am 1. Juli 2014. Von vielen Seiten wurde dies denn auch heftig kritisiert und massiv bezweifelt, daß der Gewahrsam gerechtfertigt gewesen sei (es bestand gewiß keine Fluchtoder Verdunklungsgefahr, Sarkozy wäre auch einer simplen Vorladung nachgekommen). Es wurde die Vermutung geäußert, es habe sich vor allem um einen Versuch gehandelt, Sarkozy zu zermürben und zu demütigen und gegenüber der Öffentlichkeit die Schwere der Anschuldigungen zu unterstreichen. Die Ermittlungsbehörden führten dagegen vor allem Gründe der Vereinfachung des Verfahrens an. Die Ermittlungsbehörden betreiben zur Zeit (mehr oder minder aktiv) eine Reihe von Verfahren, die auch Nicolas Sarkozy betreffen. Bei einigen steht er im Zentrum der Ermittlungen, bei anderen ist er nur am Rande betroffen. Die Affäre KaratchiBei der Affäre Karatchi hegen die Ermittlungsbehörden den Verdacht, daß zwischen 1993 und 1995 Edouard Balladur und François Léotard (mit einigen anderen) ein System der „Retrokommissionen“ aus Waffengeschäften mit Saudi Arabien und Pakistan errichtet hätten zur heimlichen Finanzierung des Präsidentenwahlkampfes von Eduard Balladur. Nicolas Sarkozy war zu dieser Zeit Haushaltsminister im Kabinett Balladur und Sprecher der Wahlkampagne von Edouard Balladur. Im Februar 2014 wurde Nikolas Sarkozy als mutmaßlicher Mitwisser (témoin assisté“) vernommen. Die Affäre TapieNoch weiter zurück reicht die Affäre Tapie: Im Jahre 1990 kaufte Bernard Tapie Adidas für 243,9 Mio. €. 1992 wurde Tapie Mitglied der Regierung Bérégovoy. Präsident Mitterand machte u.a. den Verkauf von Adidas zur Bedingung. Der Crédit Lyonnais, mit dem Verkauf beauftragt, fand schließlich einen Käufer, der Adidas für 315,5 Mio. € übernahm. 1994 brach der Crédit Lyonnais zusammen und wurde vom französischen Staat übernommen. Beim Börsengang im Jahr 1995 erbrachte Adidas dem neuen Eigentümer 1,667 Mrd. €. Tapie fühlte sich vom Credit Lyonnais betrogen. Die Konkursverwalter der Gruppe Tapie klagten gegen Crédit Lyonnais wegen fehlerhafter Ausführung des Verkaufsmandats. Die Streitigkeiten vor Gericht zogen sich hin, mal verurteilte das Gericht den Credit Lyonnais bzw. dessen Eigentümer, den französischen Staat, zu einer Entschädigung, mal legten die Richter eine Arbitrage-Lösung nahe. Im Jahr 2007 akzeptierte Finanzministerin Christine Lagarde eine außergerichtliche Einigung, gegen den Rat der Beamten ihres Ministeriums. Sie hielt diese Lösung für günstiger für die Staatsfinanzen. Tapie wurden 403 Mio. € zugesprochen. Abzüglich Steuern zahlte der französische Staat 220 Mio. € an Tapie. Im August 2011 eröffnete der Cour de justice de la République ein Ermittlungsverfahren wegen Verdachts des „Mißbrauchs der Amtsautorität“ und der „Veruntreuung öffentlicher Gelder“. Die Ermittlungsbehörden hegen den Verdacht, Nicolas Sarkozy habe Druck auf die Ministerin Lagarde ausgeübt und im Gegenzug politische Unterstützung von Bernard Tapie erhalten. Christine Lagarde ist in dem Verfahren „témoin assisté“ (mutmaßliche Mitwisserin), d.h. die Untersuchungsrichter haben zur Zeit keine gravierenden Anhaltspunkte, ein Ermittlungsverfahren gegen sie zu eröffnen. Sarkozy ist indirekt im Visier der Ermittler. Die Affäre BettencourtBei diesem Verfahren ging es um den Verdacht, Nicolas Sarkozy habe die physische Schwäche der l‘Oréal-Erbin Liliane Bettencourt ausgenutzt, um Geld zur Finanzierung seines Präsidentschaftswahlkampfes 2007 zu erhalten. Im November 2012 wurde ein Ermittlungsverfahren gegen Nicolas Sarkozy eröffnet. Das Verfahren wurde im Herbst 2013 aus Mangel an Beweisen (non-lieu) eingestellt. Die Affäre GaddafiEiner der Söhne von Muammar al-Gaddafi und ein französisch-libanesischer Geschäftsmann, einst ein Mittelsmann zwischen Frankreich und dem Regime Gaddafi, behaupten, Nicolas Sarkozy habe im Jahr 2007 von Gaddafi 50 Mio. € zur Finanzierung seines Präsidentschaftswahlkampfes erhalten. Ein Dokument, das sie als angeblichen Beweis vorgelegt hatten, hat sich als Fälschung erwiesen. Eröffnung eines Ermittlungsverfahrens gegen unbekannt im April 2013. Im Rahmen dieses Ermittlungsverfahrens wurden seit Herbst 2013 das Mobiltelephon von Nicolas Sarkozy abgehört. Abhörung des Telefons von Nicolas SarkozyDie Abhörung des Telephons von Nicolas Sarkozy wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens wegen der angeblichen Wahlkampffinanzierung aus Libyen angeordnet. Dabei hörten die Ermittlungsbehörden auch eine Konversation zwischen Sarkozy und seinem Anwalt Thierry Herzog mit, in der es angeblich darum ging, ob Herzog über Gilbert Azibert, Generalanwalt am Cour de Cassation und Präsident der Anwaltskammer, etwas über den Stand des Ermittlungsverfahrens Bettencourt in Erfahrung bringen könne. Außerdem soll Sarkozy um Informationen über den Verbleib seiner Terminkalender, die im Rahmen des Verfahrens Bettencourt beschlagnahmt worden waren, gebeten haben. Generalanwalt Azibert soll seinerseits über Sarkozys Anwalt Herzog um Unterstützung bei einer Bewerbung für einen Richterposten in Monaco gebeten haben. Bei dem Ermittlungsverfahren, das nun am 2. Juli gegen Nicolas Sarkozy eröffnet wurde, geht es im Kern um diese Konversation. Die Richter beschuldigen Sarkozy, er habe sich unrechtmäßig Informationen über Ermittlungsgeheimnisse beschaffen wollen und dem Generalanwalt Azibert im Gegenzug bei der Bewerbung um den Posten in Monaco geholfen, das erfülle den Tatbestand der Bestechung. Nach Meinung renommierter Juristen steht dieses Ermittlungsverfahren auf sehr wackeligen Füßen. Schon die Anordnung der Telephonüberwachung in Zusammenhang mit der angeblichen Wahlkampffinanzierung aus Libyen sei juristisch kaum haltbar. Auch der Zeitpunkt der Anordnung (sechs Jahre nach der angeblichen Tat) sei kaum zu begründen. Daß sich Sarkozy bei seinem Anwalt nach dem Stand eines gegen ihn gerichteten Verfahrens erkundige, sei völlig normal. Auch daß sich sein Anwalt Herzog bei Generalanwalt Azibert nach dem Stand des Verfahrens und dem Verbleib der Terminkalender erkundigt habe, könne nicht als Verletzung des Ermittlungsgeheimnisses gewertet werden. Alleine das Abhören der Telephongespräche zwischen Anwalt Herzog und dem Präsidenten der Anwaltskammer Azibert sei höchst problematisch. Schließlich fehle jeder Beweis, daß Sarkozy sich für die Bewerbung von Azibert um das Amt in Monaco (Conseiller à la cour de révision à Monaco) eingesetzt habe. In den Telephonprotokollen wird Sarkozy zitiert, daß er das nicht tun werde. Im übrigen wurde der Posten an jemand anderen vergeben; die Behörden von Monaco bestreiten, daß irgend jemand versucht habe, auf die Besetzung Einfluß zu nehmen. So könnte das gerade mit einem lauten Paukenschlag eröffnete Ermittlungsverfahren gegen Nicolas Sarkozy relativ rasch in sich zusammenfallen. Die Affäre BygmalionZu einem größeren Problem für Nicolas Sarkozy könnte dagegen die Affäre Bygmalion werden. Es geht um die Finanzierung des Präsidentenwahlkampfes 2012. Dabei waren Wahlkampfkosten der beiden Kandidaten der zweiten Runde begrenzt auf je 22,5 Mio. €. Offenbar reichte dieses Budget für die im Verlauf des Wahlkampfes von Sarkozy (zusätzlich) durchgeführten Veranstaltungen nicht aus. Es scheint, daß daher Rechnungen der Firma Bygmalion, die mit der Organisation dieser Veranstaltungen beauftragt worden war, zu geringeren Beträgen fakturiert wurden. Zum „Ausgleich“ wurde aber vermutlich der UMP Veranstaltungen in Rechnung gestellt, die überhaupt nicht stattgefunden haben. Verantwortlich für dieses System der Wahlkampffinanzierung waren vermutlich ein langjähriger Vertrauter von Nicolas Sarkozy, der im Hauptquartier der UMP an führender Stelle saß, sowie Jérôme Lavrilleux, ehemals Büroleiter von Jean- François Copé (gegen Lavrilleux läuft ein Ausschlußverfahren aus der UMP). In einem Fernsehinterview (26. Mai 2014) gab Lavrilleux im wesentlichen alles zu. Unter Tränen schilderte er, wie auf diese Weise rund 70 zusätzliche Veranstaltungen mit Kosten von 10-11 Mio. € zu Lasten der UMP abgerechnet worden sein solllen, die eigentlich dem Wahlkampfbudget von Nicolas Sarkozy hätten angelastet werden müssen. Lavrilleux betonte, daß weder Nicolas Sar koz y noch der damal ige Generalsekretär der UMP Jean-François Copé von diesem Finanzierungssystem gewußt hätten. Ende Juni 2014 wurde ein Ermittlungsverfahren wegen illegaler Wahlkampffinanzierung eröffnet. ReaktionenPolizeigewahrsam und Eröffnung eines Ermittlungsverfahrens gegen Nicolas Sarkozy haben die politische Szenerie in Frankreich aufgeschreckt. Die Reaktionen aus dem Regierungslager schwankten zwischen dem Ziehen von Parallelen zu Berlusconi bis hin zur Betonung der Unabhängigkeit der Justiz (François Hollande). Premierminister Manuel Valls vergriff sich mit seinem Kommentar „die Fakten sind schwerwiegend“ (les faits sont graves), als ob er die Fakten schon genau kenne und sie auch schon bewiesen wären. Im übrigen dürfte der Regierung entgegenkommen, daß die mediale Aufmerksamkeit von ihrer desaströsen Wirtschaftsund Finanzpolitik abgelenkt wird. Die jüngste erneute Zunahme der Zahl der Arbeitslosen ging dabei völlig unter. Auch die Schwierigkeiten der Regierung Valls, eine Mehrheit für den Nachtragshaushalt zu organisieren, wurden kaum beachtet. Ebenso die Prognose des Rechnungshofs, daß auch in den Jahren 2014 und 2015 das Haushaltsdefizit nahe bei 4% liegen wird. Im Lager der Opposition hielten sich die führenden Politiker (Juppé, Fillon, Raffarin) mit ihren Kommentaren auffallend zurück. Juppé versicherte Sarkozy seiner Freundschaft und wünschte ihm, daß er seine Unschuld beweisen könne. Allerdings muß, wie bei jedem Ermittlungsverfahren, auch in diesem Falle der Beschuldigte nicht seine Unschuld beweisen, sondern die Gerichte dessen Schuld. Fillon betonte, es gelte die Unschuldsvermutung. Alles recht lauwarm. Die politischen Freunde von Nicolas Sarkozy beklagen dagegen einen Komplott und eine Verschwörung einer politisch überwiegend links geprägten Justiz. Dabei wurde immer wieder verwiesen auf die im April 2013 im Büro der Gewerkschaft der Richter/Staatsanwälte (syndicat de la magistrature) entdeckte „mur des cons“ (Wand der Blödmänner/Idioten), an der zahlreiche Photos führender Politiker und Journalisten befestigt waren. Die gleiche Gewerkschaft war schon im Präsidentenwahlkampf 2012 dadurch hervorgetreten, daß sie dazu aufrief, gegen Sarkozy zu stimmen. Eine der beiden Ermittlungsrichterinnen in der Abhöraffäre ist Mitglied dieser Gewerkschaft. Aus dem Lager der Opposition waren indes auch besorgte Stimmen zu vernehmen, die immer wieder neuen Affären und Verfahren könnten ihre Spuren hinterlassen (audacter calumniare, semper aliquid haeret) und die Wählerschaft auf die Dauer abstoßen. Die Spekulationen drehen sich nun um die Frage: Wie wird sich Nicolas Sarkozy entscheiden: gibt er zermürbt auf oder kommt er jetzt erst recht zurück in die Politik? Sarkozy hatte in den letzten Monaten geringfügig an Zustimmung eingebüßt. Nun deutet sich aufgrund der jüngsten Ereignisse eher eine Polarisierung im politischen Spektrum Frankreichs an. Unter den Sympathisanten der UMP genießt Nicolas Sarkozy nach wie vor das größte Vertrauen (54%) und liegt deutlich vor Alain Juppé (22%) und François Fillon (8%). Unter den Wählern insgesamt überwiegt die Ablehnung. Nach einer Umfrage vom 1./2. Juli sind 65% der Befragten dagegen, daß Nicolas Sarkozy wieder in die Politik zurückkehrt. Dagegen wünschen 62% der Sympathisanten der Rechten und 72% der UMP-Sympathisanten seine Rückkehr. Und 70% der Befragten rechnen damit, daß er zurückkehrt. Unter den führenden Politikern der UMP ist die Begeisterung über eine eventuelle Rückkehr von Nicolas Sarkozy gebremst. Gegen Sarkozy hätte keiner der übrigen (zahlreichen) Aspiranten parteiintern gegenwärtig eine Chance. Auch bei den Sozialisten wünscht man sich offenbar nicht überall Sarkozy zurück. Seine Rückkehr würde vermutlich auf eine Wiederauflage des Duells Sarkozy-Hollande hinauslaufen. Manuel Valls und Arnaud Montebourg, die sich für 2017 bereits Hoffnungen machen, den auch in den eigenen Reihen unpopulären François Hollande zu beerben, müßten wohl ihre Ambitionen zurückstellen. Es entspricht wohl kaum dem Naturell von Nicolas Sarkozy sich von Richtern, die er einmal als „petits pois“ (kleine Erbsen) bezeichnet hat, aufhalten zu lassen. Ende August oder Anfang September will Sarkozy seine Entscheidung bekanntgeben. |
主题 | Europa |
URL | https://www.kas.de/en/country-reports/detail/-/content/nicolas-sarkozy-und-die-richter |
来源智库 | Konrad Adenauer Foundation (Germany) |
资源类型 | 智库出版物 |
条目标识符 | http://119.78.100.153/handle/2XGU8XDN/451143 |
推荐引用方式 GB/T 7714 | Norbert Wagner. Nicolas Sarkozy und die Richter. 2014. |
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